Zusammengetragen von Katharina Keller, Kuratorin des Gerhard Müller – Rischart Projekts 2006
Obwohl die Geschichte der Straßenmalerei nachweislich 5 Jahrhunderte umfasst, ist nur wenig Konkretes über ihre Hintergründe und die Veränderung, die sie im Laufe der Zeit durchgemacht hat, bekannt. Sie entstand vermutlich im Italien des 16. Jahrunderts im Umfeld von religösen Prozessionen und Feiern, bei denen religöse Mariendarstellungen auf dei Straßen gemalt wurden. Dem Motiv der Maria mit dem Jususkind verdanken die Straßenmaler auch ihren Namen, der sich in Italien bis heute unverändert gehalten hat : Madonnari. Damit sind die gesicherten Erkenntnisse bereits erschöpft, die Kunstgeschichtsschreibung kennt weder die Namen einzelner Madonnari noch die Rezeptionsgeschichte dieser frühen Form der Kunst im öffentlichem Raum.
Das liegt leider durchaus in der Natur der Sache: Die Straßenmalerei ist ein äußerst flüchtiges Medium. Kreide und Pigmente zerfließen schnell bei Regen (damals gab es noch keine Plastikfolie, wie bei meinem Werk links, auf Föhr) –oder die Menschen laufen einfach gedankenlos darüber, (wie diese Tussi, am Kölner Dom) Damals gab es auch noch keine Fotoaperrate , so konnte nichts dokumentiert werden
In London gab es einige pavement artists, Anfang 20. Jahrhunderts, die schon etwas dokumentiert wurden. Links, eine society Lady, sie sammelt Geld für ein Kinderkrankenhaus. ca um 1914. Auch die Suffragetten nutzten diese Kunst für Werbung in eigener Sache
Rechts eine seltene, kolorierte Postkarte, Published by W & C Lane, 25 Southhampton Row, London WC.
Number 302, ca 1911
Danke , Urban Canvas, für das Sammeln der Dokumente, hier gibt es mehr https://www.facebook.com/screeving/
Strassenmalerei heute –interessanterweise hat sich bis heute an der eher traditionellen Ausrichtung der Pflastermalerei bis heute nicht viel gändert. Man sieht in den Fußgängerzonen häufig Bilder, die tief im kollektivem Bewusstsein verankert sind : Botticelli, Rubens, Rembrandt und andere alte Meister sind fester Bestandteil des Repertoires. Das liegt aber häufig daran, daß man ja mit dem Bild Geld verdienen möchte. Bilder mit hohem Wiedererkennungswert werden schneller belohnt. Allerdings haben Madonnaris aus Mexico ein ganz anderes Repertoire, viel bunter. Auch die Amerikaner, –sie haben eine ganz andere Straßenmal Kultur als wir, sie malen nicht auf der Straße, aber lernen Pflastermalerei in der Schule, und es gibt viel mehr Festivals als bei uns. Sie malen nur aus Spaß an der Freude, und probieren deshalb viel mehr aus.
Eine große Veränderung hat sich allerdings durch die Entdeckung der Anamorphose für die Strassenmalerei ergeben. Hier sieht man unsere ersten Schritte, am Kölner Dom.
Wir kombinierten vorsichtshalber klassische 2d Malerei mit der 3d Malerei. Das 3d Bild fand kaum Beachtung! Leute stellten sich auf das Bild, neben mich, und erklärten mir, ich müßte doch mal dreidimensional malen! Sie konnten es einfach nicht erkennen, daß sie auf einem verzerrtem Bild standen. Nur die Asiaten waren schon perfekt dressiert, stellten Frau ins Bild, sich selbst auf Fotopunkt, KNIPPS, und weiter zur nächsten Attraktion
Wenn Gregor Wosik die Menschen zum Photopunkt bringen wollte, dann hatten sie Angst, und dachten, er wollte ihnen etwas verkaufen. Man könnte wirklich lustige, soziologische Studien zum Thema machen. –Gleichzeitig zu unserer 3d Malerei wurden die sozialen Medien eingeführt. Das war für uns ein Segen, denn dank facebook verbreitete sich unsere Malerei blitzschnell. Was am Kölner Dom kaum beachtet wurde, erhielt bei facebook sofort 100 Likes
Unser Werk enthielt sogar eine Geschichte! 2010 wurde in das Pariser Museums für Moderne Kunst eingebrochen und es wurden Meisterwerke von Picasso, Matisse, Modigliani, Braque und Léger gestohlen. –Wir haben die Geschichte so weitergeführt, als wenn wir den Keller unter dem Kölner Dom aufgebrochen hätten, und die Kunstwerke dort vorgefunden hätten.
Übrigens, tatsächlich wurde 7 Jahre später Vjéran Tomic der Tat überführt, verhaftet und verurteilt. Die Bilder wurden aber bis jetzt noch nicht gefunden. http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/paris-spiderman-muss-fuer-spektakulaeren-kunstraub-acht-jahre-in-haft-a-1135517.html